Dr. May erklärt die Welt
Eines vielgereisten Mannes
Lebensweisheiten & Ratschläge
für alle Lebenslagen
Wie man sich angewöhnt, den geringsten Umstand zu beachten
Es war nur ein einziger Gast zu sehen, welcher an einem der Tische in der Weise hockte, daß er das Gesicht auf die Arme gelegt hatte. Vor ihm stand eine thönerne Flasche mit zwei kleinen, ebenso thönernen Trinkgefäßen, aus denen jedenfalls der Raki getrunken worden war, welcher den Wirt zum Rausche und zur hundertundneunten Sure geführt hatte. Seiner Ansicht nach sollte der Gast noch betrunkener sein als er. Ich richtete also gleich beim Eintritte mein Auge auf diesen Mann. Er hob den Kopf ein wenig und sah uns an; sein scharfer, forschender Blick war nicht der eines Betrunkenen; so kam es mir vor, obgleich er den Kopf gleich wieder auf die Arme legte. Hatte ich mich getäuscht? Befand sich der Wirt im Irrtum? Oder verstellte sich dieser Mann? Wenn dies letztere der Fall war, so mußte dem eine Absicht zu Grunde liegen, welche keine gute sein konnte. Wenn man mich fragt, wie ich zu diesem Verdachte kommen konnte, so antworte ich: Wenn man sich auf jahrelangen Reisen so oft in Gefahr befunden hat wie ich, so gewöhnt man sich, den geringsten Umstand zu beachten, das kleinste Vorkommnis schnell zu erfassen und alles, was sich nicht sofort erklären läßt, mit Mißtrauen zu betrachten. Dieser Gewohnheit habe ich es mit zu verdanken, daß ich zwar die Narben vieler Wunden an mir trage, aber doch noch am Leben bin.
F 18, S. 163