Dr. May erklärt die Welt

Eines vielgereisten Mannes
Lebensweisheiten & Ratschläge
für alle Lebenslagen

Wie man im Wasser nicht gesehen wird

»Das ist gut; das ist sehr gut, denn das wird uns von großem Nutzen sein. Wir bauen uns Inseln, unter denen wir uns verstecken, sodaß wir nicht gesehen werden können. […] Es ist so einfach wie nur möglich. Jedes Kind kann es machen. Man bindet Schilf und anderes Zeug, welches gern auf dem Wasser schwimmt, zusammen, sodaß es die Gestalt einer kleinen Insel annimmt, welche vom fließenden Wasser abwärts getragen wird. In der Mitte der Insel fertigt man eine Erhöhung, welche hohl sein und mehrere Löcher nach allen Seiten haben muß. Kriecht man nun unter die Insel und steckt den Kopf in die Höhlung, welche über dem Wasser liegt, so hat man Luft und kann nicht nur Atem holen, sondern sich auch nach allen Seiten umschauen, weil man durch die Löcher zu blicken vermag. Man sieht also alles und hört auch alles, ohne daß man selbst gesehen wird, weil man im Wasser steckt.«

[…]

»Die Inseln sollen schwimmen; da muß man doch wohl mitschwimmen?«

»Wenn das Wasser tief ist, schwimmen; ist es seicht, dann waten. In dem letzteren Falle muß man sich bald ausstrecken, bald den Körper zusammenziehen, je nach der Verschiedenheit der Wassertiefe. Indem ersteren Falle ist es geraten, in aufrechter Stellung zu schwimmen, was man ›Wassertreten‹ nennt. Man hält den Kopf oben, die Füße unten, zieht die Kniee ein wenig empor und tritt abwechselnd mit den Füßen nach unten, während man mit den ausgestreckten Händen breit im Wasser ›paddelt‹, aber ja nicht auf der Oberfläche, weil das gesehen würde. Es darf auf keinen Fall auch nur der leichteste Wellenschlag verursacht werden, weil dieser einem aufmerksamen und nachdenkenden Zuschauer alles verraten würde. […] Es muß auch noch anderes beobachtet werden, vorausgesetzt nämlich, daß man scharfe Beobachter hat. Man bewegt sich vorwärts, und man bleibt an Stellen, wo man beobachten will, halten. Da darf man sich weder schneller noch langsamer bewegen als das Wasser und sonstige Gegenstände, welche neben und mit der Insel schwimmen. Am allerwenigsten natürlich darf es einem einfallen, stromaufwärts zu schwimmen. Man muß die Strömung beachten. Mitten in und auf derselben darf man ja nicht anhalten, weil dies gegen die Naturgesetze wäre. An Punkten, wo Wirbel sind, muß man sich auch drehen, und legt man am Ufer an, um zu lauschen, so muß dies an einer dazu geeigneten Stelle geschehen, wo ruhiges Wasser ist und es einen Landvorsprung gibt, welcher die Insel angehalten zu haben scheint.«

»Hm! Es ist doch schwerer, als ich dachte, Sir!«

Satan und Ischariot III (1897)
F 22, S. 391–393
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