Dr. May erklärt die Welt

Eines vielgereisten Mannes
Lebensweisheiten & Ratschläge
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Wann man das Ohr zuhilfe nimmt

Glücklicherweise bestand der Boden aus weicher Humuserde; es gab keine Steine, die durch einen unvorsichtigen Schritt ins Kollern kommen konnten, und starke Bäume standen genug da, hinter denen ich mich, falls ich einen Menschen sah, sofort verstecken konnte. Man verhält sich bei Gelegenheiten, wie die jetzige eine war, in der Weise, daß man, hinter einem Baume stehend, mit den Augen die Umgebung absucht und zugleich das Ohr zu Hilfe nimmt, jedes verdächtige Geräusch zu entdecken; hat man keinen Grund zum Mißtrauen gefunden, so sucht man so rasch wie möglich den nächsten Baum zu erreichen, von welchem aus man das Spähen und Lauschen fortzusetzen hat. Das erfordert zwar Zeit, entschädigt aber für diesen Verlust mehr als reichlich durch die Sicherheit, die man dadurch für sich gewinnt.

Indem ich diesen Trick anwendete, kam ich, ohne etwas Störendes bemerkt zu haben, binnen einer halben Stunde so weit den Berg hinab, daß ich endlich unter mir Stimmen hörte; die klangen jedenfalls vom Lager herauf, dessen Nähe ich erreicht hatte. Meine Abschätzung der Gegend und der Entfernungen war also richtig gewesen, obgleich es nicht etwa leicht ist, so, wie in meiner Lage, in fernem Lande, zwischen Bergen und Wäldern, die man nicht kennt und wo die Lichtverhältnisse und der verschiedene Feuchtigkeitsgehalt der Luft das Auge täuschen, vorherzusagen, in welcher Weise und zu welcher Zeit man auf Umwegen, zu denen man gezwungen ist, einen bestimmten Ort erreichen werde.

Im Lande des Mahdi III (1896)
F 18, S. 292
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